Tagesmail von 6.April

Position: 32° 48' N  041° 11' W

Bericht Hermann:

Um 02.00 werde ich von Dieter zur Wachablöse geweckt. Der Wind hat kurzfristig aufgefrischt
und die Celox² hat schon starke Lage.
Also reffen Peter und ich gleich während des Wachwechsels.

Als Bertrand an Deck kommt verkleinern wir die Genua noch ein wenig mehr.

Die Nacht bleibt trocken und guter Wind im Schnitt um 4 Bft bringt uns rasch voran.
Gegen Morgen schwächt er sich dann ab und wir holen Genua und Groß wieder vollständig aus.
Bertrand und ich sind inzwischen gut eingespielt.
Bei Sonnenaufgang erblicken wir eine atemberaubende Wolkenstimmung -
alle Farben und Schattierungen von dunkelgrau, violett, orange und hellblau füllen den Himmel.

Als Thomas die Wache übernimmt gibt es erst mal Frühstück und Thomas bringt neue
Befestigungen für die losgerissenen Cockpitpolster an. Hans holt den Wetterbericht ein:

Wir erwarten, daß der Wind aus südlicher Richtung sich abschwächt und sich ab morgen
Wind aus nordwestlicher Richtung einstellt. Aufgrund des nun nachlassenden Windes ist die See
recht "ruhig" und Hans füllt mit Thomas 80 Liter Diesel aus unseren Reservekanistern in den Tank.

Das funktioniert mit dem Trichter sehr gut und ohne, daß etwas daneben geht. Wolken, Regen
und Sonne wechseln sich im Lauf des heutigen Tages ab. Unser Etmal seit gestern: 150,6 SM.

Bertrand tüftelt lange an einem Bericht in französischer Sprache. Im Laufe des Nachmittags
verläßt uns dann der Südwind, wie erwartet und es geht unter Maschine in die Nacht.

Abendessen: Spaghetti a la Arabbiata.

Gegen 22.00 geht ein Frachter auf NW-Kurs hinter unserem Heck durch.
Eine seltene Abwechslung. Wir beobachten unseren "Besucher" mit dem Fernglas und Radar.
Mit einer Tasse heißem Kaffee übernimmt dann Thomas seine Wache ...

Euer Hermann

Tagesmail von 7. April

Position 34° 45' N  035° 49' W

Bericht Hermann:

Morgens hat sich bereits NW-Wind mit 15-25 Kn eingestellt und die Celox² läuft mit 8,5 - 9 Kn.
Während die Frühstücksbaguettes im Ofen backen, "spiele" ich etwas mit den Segeln.
Wir sichten vermehrt Quallen (Portugiesische Galeeren).
Es ist ein herrlicher, sonniger Frühlingstag.

Eine Schule Tümmler eskortiert uns ein Stück des Weges. Thomas holt seinen Sextanten
aus der Kabine und bestimmt erfolgreich mit Hilfe entsprechender Software unsere Position.
Später füllen Hans, Thomas und ich die restlichen 120 l Diesel unserer Reserve in den Tank.
Glaubt man aber dem Wetterbericht, werden wir diese Reserve nicht mehr verbrauchen.
Viele Lebensmittel gehen bereits zu Ende oder wurden bereits verspeist - es ist aber für die
nächsten Tage noch ausreichend Proviant an Bord.

Die Bilge der Celox² ist inzwischen mit Müll angefüllt.
Obwohl alles was biologisch abbaubar ist ins Meer entsorgt wird hat sich einiges
angesammelt (hauptsächlich Plastik).
Auf dem Speiseplan stehen heute Rindsrouladen mit Wurzelgemüse und Spiralnudeln, was
Thomas (wieder einmal) höchstes Lob beschert.

600 SM noch bis Sao Miguel. Wir rechnen mit einer ETE von 4-5 Tagen. Thomas und ich
werden aller Vorraussicht nach pünktlich am 14.4. unsere Heimreise antreten können.
An unserer Stelle werden 4 Segler auf den Azoren für die nächste Etappe nach
Ceuta und Mallorca zusteigen.

Nach mehr als 2000 SM auf dem Atlantik gibt es keine erwähnenswerten Schäden am Schiff.
Wir sind uns alle einig, daß die Celox² sehr gut zu segeln ist. Lediglich das Groß
(Reffs) ist etwas umständlich zu bedienen.
Die Nacht bringt wieder Wind zwischen 10 und 20 Kn.

Die Außentemperatur beträgt 18°. Das Wasser mißt 15-16°.

Liebe Grüße von der Crew der Celox²!

Euer Hermann

E-Mail Reisebericht 09. April

Position 12:00 Uhr: N 35° 46'  W 033° 10'

Liebe Segelfreunde,
ich melde mich auch wieder einmal, damit ihr nicht denkt ich wäre über Bord gegangen.
Aber ihr habt ja die Berichte der Bord-Kameraden gelesen, die ich an Rosmarie, zu Hause,
übermittelt habe und die von Rosmarie, wie alle vorher, auf die Webseite plaziert wurden.
Am 3. April hatten wir unser bisher schwerstes Wetter.
Das war der Tag, an dem ich bei einer kräftigen Welle, beim Essen fassen, in der Pantry
ausgerutscht und voll mit dem Rücken, Gott sei Dank, auf den Boden gekracht bin.
Peter meinte, ich sei nach den Aufschlag einige Augenblicke weggetreten gewesen.
Die Diagnose am nächsten Tag war eine leichte "Gehirn"-Erschütterung, eine Nackenzerrung
und eine Rippenprellung, die an den folgenden Tagen der schmerzhaftere Teil war.
Täglich eine Schmerztablette lindert zwar, hält aber nicht den ganzen Tag an.
Deshalb werde ich auf den Azoren, nach dem größten Teil unserer Fahrt, ca. 2900 Seemeilen,
aussteigen und heimfliegen.
Die folgenden Tage nach dem Ausrutscher waren vom Wetter her sehr durchwachsen und man
bekommt durch die Wacheinteilung nicht alles lückenlos mit was passiert. Deshalb hatten
wir auch besprochen, dass jeder der Lust hat, seinen Teil zu den Berichten beiträgt.

Zeitweise hatten wir richtige Badetage und die Wasserfläche bestand nur aus langgezogenen
Dünen, die zwischen den Kämmen geschätzte 4m Höhe erreichten.
Dann schlugen wieder kurze, heftige Wellen zu, mit bis zu 3 m Höhe.
Dazwischen immer wieder heftige Regenfälle.
Insgesamt gesehen hatten wir wettermäßig bisher sehr viel Glück und sind von schweren Unwettern
verschont geblieben, obwohl es in einer Nacht rings um unser Boot geblitzt hat - beeindruckend.

All diese Gewitter waren aber weit entfernt, denn wir hörten nur selten Donnergrollen.
Im Vergleich zu unseren Törns im Mittelmeer, muß ich sagen, haben wir schon schlimmere
Situationen erlebt. Die Wellen auf dem Atlantik wirken, bei geringen Windstärken,
nicht so aggressiv wie im Mittelmeer.

Heute ist wieder ein strahlender Tag, aber je höher wir kommen, wird es merklich kühler.
Während ich diesen Bericht schreibe, findet auf Deck die "Flaggen-Parade" statt,
die französische Gastfahne wird eingeholt und die portugiesische Gastfahne gehißt!
Es sind noch 400 Seemeilen bis zu den Azoren!

Euer Dieter

E-Mail Reisebericht 10. April

Position 12:00 Uhr: N 36° 27'   W 030° 30'

Liebe Segelfreunde,
den ganzen Tag über sind wir gemütlich mit der "Schmetterlings"-Segelstellung unterwegs.
Das heißt, Vorsegel nach Steuerbord mit dem Spinackerbaum ausbaumen, das Großsegel nach
Backbord legen und gleichzeitig nach beiden Seiten mit einem Bullenstander sichern, damit bei einem
eventuellen Windrichtungswechsel der Baum des Großsegels nicht nach Steuerbord schlagen kann.
... dabei könnte ein beträchtlicher Schaden entstehen ...
so kann der achterliche Wind optimal genutzt werden.
Diese Segelstellung wird auch für die Nacht beibehalten, da die Wetterlage ruhig zu bleiben scheint.
Als Peter und Dieter um 02:00 Uhr zur Wachablösung kommen, haben Thomas und der Skipper
bereits das Großsegel eingeholt. Das Vorsegel, mit Spibaum steht noch auf Steuerbord.
Es scheint alles ausreichend eingestellt.
Die Windgeschwindigkeit steigt plötzlich rasant, wir versuchen das Vorsegel zu reffen, aber mit dem
angeschlagenen Spibaum ist das Ergebnis nicht zufriedenstellend.
Es ist 02:00 Uhr - der Skipper holt Thomas nochmal aus seiner Koje, um mit ihm den Spibaum zu bergen.
Beide gehen aufs Vorschiff. Peter und Dieter steuern und bedienen die Leinen vom Cockpit aus.
Zwischenzeitlich hat der Wind stark zugenommen und Wellen von fast 2 m Höhe
klatschen gegen die Bordwand, die Gischt spritzt mehrere Meter hoch und sprüht über das ganze
Boot - ein ungemütlicher Arbeitsplatz in dunkler Nacht, nur von der Deckslampe beleuchtet.
Der Bug des Bootes ragt über eine ankommende Welle und schlägt kräftig in die Nachfolgende.
Thomas wird ausgehoben und liegt plötzlich auf dem Vorschiff, aber er ist gut mit Lifebelt
und Sorgleine gesichert. Der Skipper hält sich an den Wanten und Leinen fest.
Der Knoten am Schothorn des Vorsegels läßt sich nicht lösen. Der Spibaum wird mit einer Leine
gesichert, das Boot wird mit Mühe in den Wind gestellt, der Knoten abgeschnitten und
die Steuerbordschot neu am Schothorn angeschlagen.
Bei Windstärken von 6-7 Bft wird der Spi-Baum am Mast gesichert - immer wieder gehen hohe
Gischtfontänen über das Schiff. Das Vorsegel wird wieder optimal eingestellt.
Mit der Zeit verstärkt sich der Wind bis auf 8 Bft und das Vorsegel wird weiterhin mehrmals gerefft,
bis zur kleinsten Größe.
Um 06:00 Uhr übergeben Peter und Dieter die Wache an Hermann und Bertrand - der Wind zu der
Zeit
7-8 Bft (max. 37 Knoten), Welle 2 m - viel Spaß!
Diesen Bericht zu schreiben ist äußerst schwierig wegen starkem
Wind, hohen Wellen und dem hin und her geworfenen Boot.

Euer Dieter

E-Mail Reisebericht 11. April

Position 12:00 Uhr: N 37° 17'  W 027° 29'

Bericht vom Skipper:

Die Einschätzung, wann unser "Landfall" ungefähr sein wird, läßt sich doch schon gut festlegen.
Nach nun doch 18 Tagen auf See werden wir im Morgengrauen des 12. April unseren Zielort
Ponta Delgada auf der Azoreninsel San Miguel erreichen. Eine Freude darüber ist bei allen feststellbar.
Muss das schön sein, die Mahlzeiten ohne schaukeln, ständig Teller, Gläser ... vor dem Wegrutschen
auf dem schwankenden Schiff zu sichern, einnehmen zu können - so die Meinung auch des Skippers.
Ordnung und Sauberkeit einzuhalten war nicht immer einfach.
Die durch unseren unermüdlichen "Sternekoch" Thomas täglich zubereitete warme Mahlzeit, die wir
auch, gierig, aber auch genüsslich zu uns nehmen konnten, stellte an Thomas hohe Anforderungen.
Bei unangenehmen Schiffsbewegungen zwischen Herd, Spüle und Kühlschrank sich sicher zu
bewegen, dafür hat er unser aller Lob und Anerkennung verdient.
In einem noch folgenden Abschlussbericht möchte ich dann noch auf andere
erwähnenswerte Info's, Erfahrungen und Erkenntnisse eingehen.
Nun konzentrieren wir uns auf die letzten 100 Seemeilen.
Derzeit segeln wir unter Vollzeug bei 4-5 Bft, mit dem Wind aus der richtigen Richtung
und 7 Knoten Fahrt, bei Sonne und guter Stimmung unserem Ziel entgegen.

Skipper Hans

Im Dunkel der Nacht erkennt man zuerst einen hellen Kegel am Horizont, der immer heller wird.
Erst dann bilden sich die ersten Konturen der Insel ab. Wir erreichen Saò Miguel im Morgengrauen.

 

 

Der Abschied

Dieter verläßt als erster das Boot und hat es eilig den Direkt-Flug nach Nürnberg zu erreichen.
Thomas und der Skipper erkundigen sich, mit allen Pässen, ob wir uns einklarieren müssen.

Hermann und Thomas haben spätere Flugtermine - haben deshalb noch Zeit mit der Crew zu
frühstücken und für eine Inselrundfahrt. Am Abend entschließt sich auch Peter das Boot
frühzeitig zu verlassen, obwohl auch er, wie Dieter, eigentlich bis Mallorca gebucht hat.
Vielen Dank an die Crew für den Zusammenhalt und den angenehmen Umgang miteinander.

Euer Dieter

Impressionen von den Azoren

Schlußwort vom Skipper
per e-Mail am 10. Juli

Liebe Freunde,
die Erinnerung wird wieder wach.
Törn 1 der Gesamtüberführung der Celox stellte doch die größten Anforderungen an alle Mitsegler.
Wie die Resonanz im pers. Gespräch oder als Aufarbeitung aus den e-mails ersichtlich zeigte,
war es fast für alle der Segeltörn, der Faszination, Begeisterung und Erlebnis beinhaltete.
Dieser Törn war kein Selbstläufer.
Das pers. Einbringen jedes einzelnen in welcher Form, Tätigkeit, Crewfunktion oder Engagement
dies auch erfolgte, nur dadurch bedingt wurde es dieser Erfolg.
Nochmals auf diesem Wege meinen Dank alle. 
Thomas, super Film.
In der Kürze liegt die Würze und trotzdem treffend gelungen das Wesentliche festzuhalten. Danke.
Herrmann, danke für die e-mail Anhänge. Leider konnte ich bis jetzt den Kurzfilm nicht öffnen.
Mein Nero-Programm reicht derzeit nicht aus.
Vielen Dank für die Grüsse und Wünsche auch von Peter und Bertrand.
Auch ich wünsche Euch eine erfolgreiche,
schöne und zufriedene Zeit sowie immer die berühmte Handbreite " Rum in der Bilge ".

Liebe Grüße
Hans