6.Tag - Paganias

Rosmarie wird vom Regen geweckt und will gar nicht aus der Koje klettern. Um 8 Uhr besetzt
sie die "Naßzelle"
für längere Zeit, um ohne Stress ausgiebige Körperpflege zu betreiben.
Die Haare haben in den vergangenen
Tagen unter Pflegeentzug gelitten.
Wir sind bei unseren Segeltörns, bei denen Dieter als Skipper gefahren ist,

immer mit größeren Booten gefahren, bei denen jede Kabine seine Naßzelle hatte.
Also gab es für jeweils 2 Personen kein Gedränge oder Zeitprobleme. Obwohl hier,
auf diesem Boot, auch noch keiner wegen Geruchsbelästigung "Kiel geholt" werden mußte.
Nur sind wir es gewöhnt ein Boot absolut hygienisch sauber gereinigt zu übernehmen.

Monika holt noch frisches Brot vom Bäcker. Die Anderen bereiten schon einmal das Frühstück vor.
In Monika's
Gepäck finden sich noch 2 Dosen Wurst. Während die anderen Frühstücken,
geht der Skipper einkaufen.
Bei der Rückkehr wird er von Andreas gefragt,
ob er Philadelphia mitgebracht hätte, allgemeines Gelächter.

Schnell werden alle Überreste des Frühstücks verstaut und Geschirr gewaschen.

Das Ablegemanöver wird durchgesprochen, denn es könnte problematisch werden, weil es eng ist
im Hafen
und zwischen den anderen Booten. Deren Skipper warten bereits auf unsere Abfahrt,
denn unsere
Ankerkette liegt über 1 oder 2 andere Ketten und die Wassertiefe bietet nicht
sehr viel Manöverraum,
aber es klappt alles hervorragend.
Ausgenommen die grandigen Reaktionen des Skippers, wir glauben nicht, dass man ihm etwas
recht
machen kann. Dieter steuert das Boot aus dem Hafen.
Unsere Berliner Freunde ankern noch vor dem
Hafen und Dieter beabsichtigt um ihre "URANUS"
herumzufahren und aus der Nähe nochmal zum
Abschied zu winken.
Sofort greift der Skipper ihm ins Ruder, zieht das Boot nach Backbord und keift:

"Wohin fährst du denn? Wir müssen nach Norden!"



Es weht ein heftiger Wind um die 5 Bft und sofort läßt der Skipper ohne weitere Anweisung
unter Stress die
Segel setzten.
Dieter steht am Ruder und fährt in den Wind, damit das Grossegel gesetzt werden kann.

Mitten im Manöver heißt es "Reff 2". Keiner hat Erfahrung mit einem Reff-Segel.
Die Reffleine flattert im Wind und während das Gross aufgezogen wird verhängtsich die
Reffleine ins
Ruderrad. Dieter versucht eiligst die Leine wieder frei zu bekommen und
weicht dabei vom
"In-den-Wind-Kurs" ab. Als die Leine frei ist bemerkt der Skipper die
Kursabweichung, fängt zu schreien
an und beschuldigt jeden, nur sich selber nicht.
Alle werden von ihm beschimpft, dass sie mehr kaputt machen, als sie Charter bezahlt hätten.
Keiner versteht seine Schimpfattacke, weil er keine klare Anweisung gegeben hat.

Ich selber würde niemals, mit einer unerfahrenen Crew, weder mit Segeln in einen Hafen
einfahren,
noch würde ich in Hafen- oder Ufernähe die Segel setzen, das ständige
Imponiergehabe des Skippers
födert weder einen Wohlfühl-Segelurlaub,
noch das Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen
Skipper und Crew.

Zum zweiten Mal spricht er die Charterkosten an, darum möchte ich mal etwas klären.
Auf einem so kleinen
alten Boot, mit nur einer Toilette für 6 Leute im Vorschiff, ist ein Preis von
380,00 EUR pro Person nicht
gerade wenig.
Und wir ahnen es schon jetzt am 6. Tag unserer Reise, dass er die 120,00 EUR für die

Bordverpflegung + Nebenkosten nicht nach Verbrauch abrechnen wird, wie es üblich ist.
Wir haben ihm bei der Buchung unsere Essgewohnheiten mitgeteilt - ausgiebiges Frühstück,
nachmittags
"Schnittchen" oder Fingerfood und abends gehen wir im Restaurant essen oder
machen uns etwas in der
Bordküche - nichts von dem hat er angenommen.
Auf die besonderen Wünsche wurde erst gar nicht eingegangen.
Vom Retsina waren 2 Flaschen an Bord,
Ouzo überhaupt nicht, Kaffee, Wurst, Süßes und eine
Flasche Kräuterbrand haben wir von Zuhause
mitgebracht.
Wurst, Honig, Frischkäse-"Dreck", Frühstücksbrote und Süßes haben wir noch extra

eingekauft und selber bezahlt. Also was soll das, mit zu wenig bezahlter Charter oder Bordkasse.
Was er an Bordkasse verbraucht hat, war, nach unserer langjährigen Erfahrung,
nicht mehr wert als 40,00 EUR pro Person.


Bei der Buchung hatte uns Dieter als "Segler" mit mehr oder weniger Segelerfahrung und einem
Schulterbehinderten
angemeldet und es war auch keine Rede von Mindesterfahrung.
Von Dieter's Schulterproblem wußte
er nichts, also hat er den Email-Schriftverkehr mit seiner
Partnerin überhaupt nicht gelesen.
Reffsegel-Bedienung kennen wir auch nicht oder haben keine
Erfahrung, also hätte er nachfragen und notfalls entsprechend aufklären müssen.


Andreas bekam des öfteren seine Zornausbrüche zu spüren. Gerade Andreas, der noch nie auf
einem
Segelschiff war, kannte auch keine typischen Segelbegriffe.
Er wollte nur einmal "segeln" kennen lernen.

Klaus war auch mal dran, wurde unschuldig wegen eines Ankerfehlers beschimpft,
es stellte sich aber
heraus, dass er alles richtig gemacht hatte.
Das geht gar nicht, der Skipper entschuldigte sich, schweren Herzens.
Entschuldigung, aber das mußte jetzt mal gesagt werden. - Nun wieder zur Fahrt! -

 

Auf der ganzen Fahrt windet es heftig. Die Sonne läßt sich heute gar nicht blicken, es ist unangenehm
frisch und feucht. Wolken, Wolken und wieder Wolken.

 

 

Langsam überlegt es sich der Himmel und öffnet sein
Wolkenband.
Wir sind mal wieder angebliche auf dem Weg nach Albanien. Auf der Steuerbordseite Richtung

Süden sieht man immer wieder angelegte Muschelbänke, laut Skipper-Aussage. Wir können nicht alles was
er sagt für bare Münze nehmen, weil es seine Art von Humor ist uns zu "verarschen".
Er erzählt schon wieder vom Hafenmeister "Dimitri der Unersättliche", der bei der Anmeldung erst die
Frauen testen will, bevor er die Erlaubnis zum Anlegen erteilt. - Er nervt total! -

 

In der Ferne machen wir zwei rote Punkte aus, auf die wir zusteuern. Beim Näherkommen erkennen
wir rote
und gelbe Bojen, die wohl weniger wegweisend sind, sondern Befestigungspunkt für die
Fischreusen sind,
aber es ist gleichzeitig die Einfahrt zu unserem Ziel.

 

Die großen Fischzuchtanlagen liegen an Steuerbord. Klaus steuert das Boot zwischen die Bojen
hindurch.
Ein Arbeitsboot der Fischzüchter kommt entgegen, Klaus zieht etwas nach Backbord,
um dem
Entgegenkommenden seine Fahrbahn freizuhalten.
Freundlich winkt der Fischer herüber, nette Menschen, die "Albaner".
Die Strecke entlang der Fischzuchtreusen ist ziemlich lang. Am Ende öffnet sich die Fahrrinne nach
Steuerbord in eine große wunderschöne Bucht, wo wir in der Mitte vor Anker gehen.

 

Ruhe kehrt ein. Es ist 14.00 Uhr und der Skipper will nach dem Essen weiter nach Norden fahren.
Die Crew beratschlagt kurz und beschließt heute in dieser Bucht zu bleiben.
Der Skipper nimmt unseren Wunsch zur Kenntnis.

   

Dieter ist froh, dass uns diese Fahrt mit einem schlechtgelaunten Skipper erspart bleibt und er freut
sich
schon auf das Ende dieses Segeltörns - nie wieder wird er mit einem Charterskipper fahren.

Bevor Monika das Mittagessen vorbereitet, erzählt sie von ihren Eltern,
die aus Böhmen vertrieben wurden, alle hören gespannt ihre Erzählungen.
Rosmarie schreibt in ihrem Tagebuch einige Ereignisse des Törns nieder.
Monika bereitet seit einer Stunde die Serviettenknödel und das  Geschnetzelte.
Nachdem der Skipper noch eine "albanische Miniflagge", schwarzer Doppel-Adler auf roten
Grund, an die
Wanten geklammert hat, beschäftigt er sich mit Salatputzen und wirkt ungeduldig
und mürrisch,
es dauerte ihm alles viel zu lange.
Monika läßt sich aber beim Kochen davon überhaupt nicht beeinflussen. Um ihn abzulenken,



zu beruhigen, bezahlen die Crewmitglieder die restliche, noch offene und mehrmals angemahnte
Chartergebühr - da strahlt sein Gesicht wieder.

 

 

Mit Glockenschlag ruft Monika zu Tisch, alle lassen sich das köstliche Essen von Monika schmecken.
Jeder bittet um Nachschlag. Selbst der Skipper lobt Monika für das schmackhafte Mittagessen, worauf
Andreas bemerkt: "da ist aber "Frischkäse-Dreck" mit eingearbeitet worden".

Großer Abwasch und faullenzen. Einige verziehen sich in ihre Kojen. Der Skipper glaubt er könnte
einen
Dummen erwischen, der ihm die Messinghuzen, Lüftungshauben, an Deck blankputzt.
Leider stößt er damit auf taube Ohren, er glaubt wirklich er ist Kapitän auf einem Segelschulschiff.
Dann bietet er eine warme Dusche an - alle hören wieder zu.

Haben sie es nach 6 Tagen nötig? Er bereitet jedem aus drei Wasserflaschen eine Dusche vor.
1/3 heißes, 2/3 kaltes Wasser werden in die Flaschen gefüllt.

Damit verschwindet einer nach dem Andern in die Naßzelle im Vorschiff.
Frisch geduscht sitzt die Crew oben im Cockpit.

 

Ein Segelboot aus England fährt in die Bucht.

Unser "Fernseher" wird angeschaltet - Sie lassen den Anker fallen, um ihn gleich wieder zu heben.
Sie legen die ganze Kette an Deck aus, was einen riesigen Lärm macht in der stillen Bucht.
Sogar die grasenden Schafe auf den umliegenden Hängen werden dadurch erschreckt
und fliehen in die Berge. Nach einer Weile, wird vom Nachbarboot das Dinghi in Wasser gesetzt.
Einer rudert damit die Bucht ab. Der trainiert bestimmt für die Rudermeisterschaft in Cambridge.

Dann geschieht bei uns an Bord ein Wunder, erstmals erklingt Musik an Bord.
Austria Rock in voller Lautstärke
und die Texte werden auch gleich übersetzt und der Skipper strahlt.
Als die CD zuende ist, wird nach
mitgebrachter Musik gefragt. Dieter hat einen iPod dabei, mit
3000 Liedern - da wird schon etwas dabei sein.
Andreas gibt sein USB-Kabel vom iPhone dazu,
das funktioniert- auf geht's. Dieter stellt die Wiedergabeliste mit seinen 100 Lieblingsliedern ein.

Michael Jackson, dreht der Skipper gleich den Strom wieder ab. Danach folgt Hubert von Goisern,
der wird
noch akzeptiert, amerikanische Countrymusik geht noch durch,
doch bei TruckStop zieht er den Stecker
- vorbei mit Musik auf dem Boot.
Die Crew hätte mit den verschiedenen Musikrichtungen kein Problem gehabt, sie lieben auch
den Austria Rock.
Ganz besonders gefällt Uncle Johns Band, das Lied "When Teardrops Fall".
Gegen 19.00 Uhr werden sie mit einem kleinen Imbiss vom Skipper überrascht, einem Eiersalat
auf Weißbrot.
Skipper-Rezept: Majo, Eier, Kapern, Essiggurken gesalzen, gepfeffert.
Zugabe: Schnittchen mit selbstgemachtem Griebenschmalz und Zwiebelringen.
Das reichte der Crew immer noch nicht. Monika bringt Pfefferbeißer aus der Heimat,
Käsewürfel und Weißbrot.
1 Flasche Wein nach der anderen findet seine Abnehmer.
Es wird sehr viel gelacht über Witze und Anekdoten aus den Leben der Anderen.

 

 

Langsam wurde es oben an Deck ungemütlich kühl, alle verzogen sich nach unten.
Andreas und Dieter haben
mit dem Skipper zwar am Nachmittag das Sonnensegel gesetzt,
aber die aufkommende Kälte wird dadurch
nicht abgehalten. Andreas und der Skipper
füllen eine Fischreuse mit Weißbrotscheiben, in der Hoffnung,
morgens frischen Fisch zu ernten.
Die Crew versammelt sich um den Tisch im Salon. Wieder wird eine Flasche Wein geöffnet.

Der Skipper erzählte von Paris und seinen Erlebnissen. Von Glück und Pech. Er wurde ausgeraubt,
sein Fahrrad geklaut. Ein Auto landete beinahe auf seinem Schiff, als er unter einer Brücke ankerte
usw.,
dann begann er plötzlich aus einem Buch vorzulesen.
Wir dachten an eine kurze Anekdote, aber er hört nicht mehr auf - las und las ... die ganze
Geschichte
"Die Salomoninseln" von Jack London.
Kurz vorm allgemeinen Einschlafen war die Geschichte zuende.


Monika hielt ab und zu Ausschau nach albanischen Piraten. Sie glaubte immer noch in Albanien
zu sein
und wollte, dass eine Nachtwache eingeteilt wird, doch keiner beachtete ihre Bedenken.
Wir können auch beruhigt sei, unser Chartergeld hat ja bereits der Skipper!

Also wollte sie selber, bewaffnet mit einem Küchenmesser, die Wache übernehmen.
Monika ist aufmerksam und mahnte, dass noch kein Ankerlicht eingeschaltet war.
Der Skipper fand es überflüssig - er ist schließlich Profi. - Na ja.
Es war ein langer Tag mit vielen neuen Eindrücken, es ist Zeit sich schlafen zu legen.

Fazit von diesem feuchten Abend. 3 Flaschen Rosé, 1 Flasche Weißwein, Rosmarie hat mitgezählt.